Abd-ru-shin

Abdruschin - Abdrushin - Oskar Ernst Bernhardt

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de:zeitschriften:stimme:heft_1:is-ma-el_als_wegbereiter_fur_den_geist_der_wahrheit_durch_die_sieben_weltenteile_der_schopfung

Die Leser dieser Zeitschrift sollen auf nachfolgenden Seiten mit etwas Neuem vertraut gemacht werden, das vom Verlage schon lange aufmerksam beobachtet wird, weil es überraschende A ie usblicke vermittelt in Dinge, welche die ganze Menschheit schon seit Jahrtausenden immer und immer wieder beschäftigt haben und sie darin nie zur Ruhe kommen ließen.

Ohne daß der Verlag selbst Stellung dazu nimmt, gibt er in Fortsetzungen die eigenartige Niederschrift eines in reinstem und unbefangenstem Sinne, aber ganz neuartig medialbegabten Menschen wieder, welche noch nicht zur Veröffentlichung gelangte.

Diese Niederschrift soll zu keiner Sensation gemacht werden, aber sie wird ohne Zweifel mit ihren seltsamen Schauungen und erdfremden Erleben manchen Leser zu tiefem Nachdenken bringen.

Einen großen Teil wundervoller Schöpfungs-Schilderungen überspringend, setzt die Wiedergabe erst an einer Stelle der Niederschrift ein, wo Handlungen beginnen.


Is-ma-el als Wegbereiter für den Geist der Wahrheit durch die sieben Weltenteile der Schöpfung.

Ein anwachsendes Brausen dringt zu meinen Ohren. Licht zuckt auf. Blendende Helle füllt den Raum, und eine mir vertraute Stimme spricht:

„Ich führe Dich auf einen Stern im Schöpfungsteile Smyrna. Mein Geist umhüllet Dich mit ganzer Liebe und der Kraft, die Dir die Möglichkeiten gibt, so Andersartiges nun zu erleben!“

Darauf wird mein Geist emporgehoben und ich schaue und erlebe:


Fließende Schönheit im Lichte rosig silberiger Monde umhüllet die Stätte des Werdens einer jungen Menschheitsblüte. Die silberschimmernden Wellen eines weiten Sees lecken an silberschimmernde Stufen eines wundervollen Tempelbaues.

Breit und weit recken sich die glitzernden Mauern porösen Materials, das Ähnlichkeit mit Glimmer zeigt. Die Bogen der luftigen Säulengänge sind von einer Zartheit der Form, die an die reiche Formenpracht der Roseninsel gemahnt, während die strenge Kühle der weiten Vorhallen den Eindruck erweckt, als schreite der Wanderer über Tempelfließen eines ernsten feierlichen Isistempels in Ägypten.

Rund um die Säulenhallen erwachsen aus reichem Blattwerk Blumen von strenger Schlichtheit und schneeiger Weiße. Trotz aller Zartheit der höheren Stofflichkeit, deren Bewegung natürlich leichter, deren Formen lichtdurchlässiger sind, ist hier doch eine Dichte, die den Geist überraschen könnte; denn diese völlig andere Art des Stoffes ist wie eine schwere hüllende, das Strömen anscheinend hemmende Masse, überall, wohin er sich wendet.

Dennoch vermag er sie zu durchdringen mit seiner Strahlungskraft und zu durchschauen mit seinem Wissen und dem Auge des Geistes, Alles erkennt er als Stoff, das dem Menschenauge noch unsichtbare feinste Feinstofflichkeit und feinste Grobstofflichkeit ist.

Und dennoch freut er sich dieser fremden Schönheit der Gestirne. Eine funkelnde, glitzernde Welt reinsten Lichtnebeldaseins auf zartem, silberglänzenden Schaumgebirge, so erscheint jene zauberhafte Insel Servantes auf dem Sterne Atlanta.

Lichtmonde kreisen um ihn und eine Sonne von leuchtender Geiststrahlungskraft spendet Wärme und Wachstum. Schimmernde Dünste der Wasser wogen um den Stern und vollbringen wunderbare Licht- und Schattenzauber auf den wogenden Silberbäumen und den schimmernden Feldern und Auen, die sich landeinwärts dehnen.

Ein großer Stern, der Meere und Wälder und weite Ebenen birgt, ist Atlanta, und auf diesem Riesenmeere des Atlantos thront eine geheiligte, dem Licht geweihte Insel der dienenden Liebe: Servantes!


Auf silberschimmernden Wogen eines großen Sees wiegte sich ein prächtiger Kahn, der die Form einer Gondel mit hohem, geschmückten Bogenbug hatte. Mit seinem Schnitzwerk verziert, war er wie von silbernem Wogenschaum kristallisiert in seiner Form. Ruderer mußten unten in ihm sitzen. Diese selbst waren nicht zu sehen, sondern nur die Bewegung der roten Ruder und der schäumende Wogenwall. Auf und nieder schaukelte das Schiff auf den großen Wellen, die seitwärts heran brandeten und mit Mühe durchkämpft werden mußten.

In dem Schiff stand eine hohe, schöne, männliche Gestalt, mit langem blendendem Bart und weißblondem Lockenhaar. Er trug ein weißes Gewand und einen Königsmantel aus blauem weichem Stoff mit silbernem Lilienmuster. Auf dem Haupte trug er eine Krone von silberleuchtendem Blattwerk, als einzigen Schmuck, der auch seine Würde verriet.

Er spielte auf einer kleinen Harfe, der er Töne wie das Rauschen des Windes und des Wassers entlockte. Die Richtung des Bootes änderte sich. Es hielt mit Stetigkeit den Wogen stand, die es nun schnitt. Stampfend brandeten und brachen sie an dem Bug. Das Boot hatte keinen Kiel, es war flach.

Um den Sänger regte es sich. Zwei priesterlich gekleidete Jünglinge erhoben sich von ihren Fellen, auf denen sie lagen. Sie wiesen nach dem fernen, im rosigen Licht der Frühnebel verschwimmenden Strand, aus dessen Dunst das Wogen der Bäume und das Blitzen und Leuchten hoher Türme langsam hervorschimmerte.

Immer klarer erschien das Bild einer wunderschönen Inselstadt, die gekrönt schien von einem prächtigen Tempelschloß am Meer. Atlanta trug das schöne Servantes mit Stolz auf den Fluten des Atlantos!

Immer durchsichtiger, golddurchfluteter wurden die feinen Nebel, die von der Feuchte des Meeres aus der Sonne Kraft emporgezogen waren und wundervolle Farbenwirkungen auf die Insel und die Wasser zauberten. Unzählige Scharen lilberweißer, kranichartiger Vögel zogen singend über die buschigen, weidenbewucherten Ufer, die zu herrlichen Gärten führten, in das Innere des Landes. Bis an den Strand reichten die breiten, weißen Terrassenstufen, die, mit Säulen gekrönt, prächtige Wandelgänge den Buchten entlang schufen.

An den Gittern ihrer Überdachung wucherten saftigleuchtende, hellgrüne Schlingpflanzen, die wundervolle Blütenkelche dem Licht der Sonne entgegenstreckten. Wie Perlmutter in Silber getaucht, schimmerten diese großen Kelche und empfingen in der Form von großen Winden den Tau in ihren Kelchen.

Ihr Duft war süß und erfrischend zugleich, erfreuend, doch nicht berauschend. Wie die ganze, reine Kühle dieser Insel, so war auch der Duft ihrer Gewächse.

Auf weite Stunden zogen sich die schimmernden Gänge und Hallen den Gestaden entlang, immer wieder Treppen und Stege ins Meer reckend zum Empfang der Gäste von anderen Inseln oder der schaumgekrönten Wesenhaften, die lieblich singend aus den Wassern stiegen und sich im Abendlicht und dem Leuchten der Gestirne dort spielend vergnügten.

Während diese Hallen nach rückwärts zu tiefen, breiten Wegen führten, die von mächtigen Blattpflanzen umsäumt Schatten und Ruhe boten, luden sie nach außen den Fremdling ein, sich an ihrem Gestade auszuruhen.

Wie Sonnenstrahlen führten die Wege auf einen Mittelpunkt des schönen Haines, der erhöht und durch Stufen erreichbar von dem Palaste des Herrschers, Simael, gekrönt war.

Breit und niedrig dehnte er sich, gleichfalls von Hallen und Säulen umgeben und glänzend wie ein weißes Juwel. Feine, leuchtende Gitter verbanden zur Zierde die unteren Säulen, während die hohen, blattschmuckgekrönten die Träger eines flachen lichtdurchlässigen Daches bildeten.

Sprühende, perlende Brunnen schmückten Vor dem Palaste die Plätze, um welche im Kreis niedere Steinbänke zur Ruhe luden. Üppig wuchsen die reichen hochstieligen Blumen in den leuchtendsten Farben. Helles, feuriges Rot, tiefflammendes Orange, und sattes Gelb mischten sich zu einem Feuersee, der wiegend seine duftenden Kronen der blendenden Mittagssonne weit geöffnet bot.

So reich war diese Fülle an Farbe und so rein, daß ein leiser Lichthauch der feinstofflichen Strahlung schimmernd über den Beeten wob, und man glaubte, in ein Meer von Edelgestein zu blicken.

Nach allen Seiten des Palastes führten die silbersandigen Wege, über Blumenplätze die von sprühenden Brunnen befeuchtet waren. Immer wieder bot sich ein neues, glühendes Farbenmeer in reichem Wechsel der Tönung.

Dieser Palast des Priesterkönigs Simael stand in dem heiligen Hain, der nur den Eingeweihten zugänglich war. Ihn überschatteten die mächtigen Bäume, die schon von ehrwürdigem Alter ihres Stammes raunten.

Dennoch waren die üppigen Gärten so meisterhaft angelegt, daß ihre Fülle den Anblick auf den Tempel nicht verbarg, der in einiger Entfernung über all der Gartenpracht zu schweben schien. Er erschien in dem Glanz der aufsteigenden Sonne wie eine Märchenschöpfung aus weißem Silberbrokat, so duftig, reich und voll bauschten sich seine mächtigen, nach oben gewölbten Kuppeln.

Sonnenbilder von wundervoller Form und Farbe leuchteten auf ihnen, als wären alle sieben Weltengemeinen hier in den heiligen Hallen versammelt, um die Weihe des Höchsten darin zu erlangen und freudig ihm den Dienst zu geloben.

In ihrer Farbe strahlten diese Sonnenbilder zum Zeichen ihrer Schwingung, und zogen aus den lichten Geistsphären die Helfer, die Töne, die Ströme des Lichtes mächtig an, die sie zu ihrer Stärkung am meisten erforderten in der stofflichen Schöpfung.

Wie eine Krone hob sich der Bau mit dem weit überragenden Mittelpunkt des Tempels, der ein leuchtendes Kreuz trug, über die wogenden Gärten.

Simael nahte auf brausendem Schiff dem Strande und freute sich der Schönheit seines Landes, der anbetenden Herrlichkeit der Natur. Sein Weihelied an den König der Könige war verklungen, die Ruderknaben unten im Schiff hatten mit dem Morgengebet der Dienenden geantwortet. Anbetende Ruhe war um ihn.

Seine Begleiter ließen die Leiter hinab, die ihn sicher den Steg erreichen ließ. Dienende Knaben sprangen in Eile aus den Gärten dem Stege zu, an dessen Breitseite das Schiff anlegte. Es war in ruhiges, wenn auch noch tiefes Wasser gekommen, und lag still am Strande. Während der König die Hallen betrat, die ihn im Schatten ihrer Laubengänge empfingen, klang der Chor der Glocken aus den sieben flammenden Silberkuppeln, als Ruf zum Weihedienst.

Simael, von seinen Begleitern gefolgt, ging schweigend durch die Gärten, um schweigend sich dem Dienst des Höchsten zu nahen, in dem heiligen Tempel zu Servantes.

Simael war als Sohn des Königs von Atlante, zu Servantes geboren. Seine Mutter hatte er nicht gekannt; denn bei seiner Geburt war sie in die ewigen Gärten ihres geistigen Ursprungs wieder emporgehoben worden. Sie war nur Werkzeug gewesen, ihn auf die heiligen Inseln des Atlantos zu inkarnieren, und Sima, der König, der sein Vater war, wußte dieses. Denn er war ein weiser Priester und ein treuer Diener Gottes.

Er war der mächtigsten Herrscher einer, die zu Smyrna die bevölkerten Sterne führten und Gott dienten, und sie wußten alle von der Sendung des Geistes, der die Menschengeister bis in die Tiefen der Stofflichkeiten erleuchten sollte.

Auf der Insel der dienenden Anbetung Gottes war ihnen durch Sima, den weisen König, die Verheißung zugegangen, die Is-ma-el aus Patmos ihnen gab.

„Ich werde Euch, allen Gemeinen, meinen Geist senden, und zur Bereitung meinen Getreuen vorher!“

Darauf hatten sie gewartet, und siehe, er war gekommen!

Was Is-ma-el von Patmos aus dereinst im Namen des Herrn den Weisen zu Smyrna gekündet, das sollte sich erfüllen.

Er war dadurch in lebendigem Geschehen in die Schicksalsfäden der Weltenteile verwoben worden, er durfte als der Knecht Gottes treu und wahrhaftig seinen Geist ausstreuen, um vorzubereiten auf das Kommen des Herrn.

Sima, der König, wußte, daß sein Sohn hohe Bestimmung erfüllte. Theiresia, sein Weib, war der tugendsamsten Geister Höchste, rein und licht wie ein klingender Kristall Gottes.

Ihre Treue zum Herrn war ihres Lebens Licht, ihre Liebe zu Gott strahlte ewig empfangend geistige Liebe über alle Geschöpfe der stofflichen Heimat. Ihre Schönheit war von einer hohen Art, fraulich reif in dem Zauber ewiger Jugend und makelloser Reinheit des Empfindens.

Die Weisheit ihres Geistes war die natürliche, weibliche Ergänzung zu der Weisheit Simas, des Königs. Diesen liebte sie, da ihr, der gottgeweihten Jungfrau, einst Kunde ward durch einen hohen Geist.

„Du bist vor allen Frauen Smyrnas ausersehen; denn Dein Gefäß des Geistes und Dein stofflicher Teil soll dem Geiste der Wahrheit Werkzeug sein. Zur Entwickelung seiner Sendung wird Is-ma-el eintreten in die Frucht, die Du dem König Sima zu Servantes gebären sollst!“

Als Theiresia, die Edelste und Schönste der Jungfrauen, vom Lichte bestimmt war, Königin zu sein, ward sie in festlichem Zuge in das Haus Simas geleitet und blieb dort, als sein Weib.


Wunderschöne lichte Geistgestalten wirken helfend in dieser Umgebung, die wie weiße, feine Schalen matt leuchten. Sie erscheinen in der Art ähnlich wie die Gottesmütter aus der reingeistigen Ebene, aber nur wie Ausstrahlungen von diesen, also um eine Stufe tiefer. Darum auch in der Leuchtkraft matter und im Wesensbestandteil dichter.

Diese Geistgestalten sind wie Lampen, haben ein stilles, reines Leuchten, strahlen Frieden aus, Freude und Kraft. Aufbauende, mütterlich sorgende Werte schenken sie den Menschengeistern, die sie führen. Sie sind noch nicht Menschheitsführende, sondern noch besondere Gefäße des Lichtes.

Sie sind umwoben von lichttragenden Helfern geistig-wefenhafter-Sphären und teilen sich fördernd den höheren Ebenen der Stofflichkeit mit.


Simael war noch nicht alt, als er schon auf eine reiche Erfahrung seines Lebens zurückblicken konnte. Weiseste Fürsorge leitete die Kindheitstage des zukünftigen Königs, der inmitten der höchsten Diener seines Landes in der weihevollen Stille des Tempels und seines Vaterschlosses aufwuchs.

Trotzdem er vorerst nur die höchste Kaste kannte, wurde er dennoch in weiser Natürlichkeit und Strenge in allem unterwiesen, und mußte sich tüchtig regen. Jede Art von Arbeit, dem Alter angepaßt, mußte er vollbringen in einer Schar von Knaben, die ihm äußerlich völlig gleichgestellt waren.

Bald entwickelte sich in dem Sohn des Königs starker Tatendrang und der Wille zu führen, zu leiten und zu befehlen. In allem, was die wechselnde Lebensführung in dem großen Staat bot, wurde das Kind im Kleinen mit unterrichtet.

Die weiten Fahrten über das Meer zu den anderen Inselgruppen durfte er mit dem Vater teilen. Ruhmvolle Fahrten waren es, die der königliche Priester und reine Held zum Vorteil seines Reiches unternahm. Sima wußte von der Macht, die Gottes Kraft in seine Diener senkte. Und er trug als Abgesandter des Herrn diese Kraft und Macht durch seine heilige Überzeugung von Land zu Land.

Alles, das zu Smyrna geschah, geschah zur Ehre Gottes. Auf dem Sterne Atlanta ereignete sich manch großes, gewaltiges Geschehen durch Botschaften, die die Geister und die Wesenhaften aus höheren Sphären und von anderen Gestirnen überbrachten. Wundervolle Erscheinungen erstrahlten oftmals über den Himmel, der sich in einer sonnendurchfluteten ätherschicht um die jeweiligen Weltenkörper spannte.

Klar und rein wie reinstes Wasser floß er dahin, um die sich drehenden Sterne. Die Strahlen der Gestirne brachen sich in diesen Himmelsräumen in wunderbar zauberhaften Lichterscheinungen über den Wassern.

Trunken von der Schönheit dieser Heimat blickte das Kind Simael in die Weiten dieser Wunderwelt. War es nicht wie leises Ahnen eines vergessenen, in tiefem Schlafe ausgelöschten schönen Traumes, wenn er so sinnend auf dem hohen Steuerstuhle stand und der Wind in seinen goldenen Locken wehte?

Weit und tiefdunkelblau wurden die großen Augen, die in dem kindlich einfachen Angesicht wie Sterne alt und weise strahlten. Um den kleinen roten Kindermund grub sich eine Falte, die von schweigendem Sinnen erzählte, und die weisen, zarten Hände klammerten sich um einen Griff des großen Rades, aller Bewegung des Steuermannes kraftvoll sich anpassend.

Wo hat Simael dies Leuchten des Himmels gesehen, und noch viel schöner denn hier auf der Fahrt über den goldschimmernden Atlantos? Wo war er schon gewesen, woher war er?

In solchen Augenblicken war Simael, der Königssohn, nicht Kind. Tiefes Heimweh nagte leise bohrend an dem alten Geiste. Einsamkeit bemächtigte sich seiner Seele und in ihm formte sich schluchzend das Wort: „Mutter!“

Eine Mutter zu haben, das dünkte Simael das Schönste, was es gab. Es war das Einzige, das er nicht besaß. Ganz auf sich selbst gestellt, entwurzelt von dem Baume seines Ursprungs, sollte er sein, damit er dies im Stofflichen erlebe.

Seine Gespielen waren wie scharfe, kleine Waffen, die sich an ihm und aneinander rieben. Er liebte sie zum Kampf, aber sie wurden ihm immer ferner, innerlich fremder von Tag zu Tag. Seine Lehrer bildeten ihn in allen Handhabungen der Künste und der Lebensnotwendigkeit aus und gaben ihm Wissen und Weisheit, so weit sie es vermochten.

Den Vater aber verehrte er, mit Liebe und Bewunderung sah er in ihm den König, den Priester, der sein Liebstes ehrte, was Simael in seiner kindlichen Seele wie einen Edelstein verschlossen trug: Seinen Gott und Herrn!

Simael, das Kind, liebte Gott! Er liebte ihn, ohne von ihm viel zu wissen, von Beginn seines Erwachens an. Er suchte, woher ihm diese Liebe kam, aber er konnte den Schlüssel nicht finden. Die Mutter! Wenn er die Mutter gehabt hätte, sie hätte es sicher gewußt.

Niemand sonst vermochte er zu fragen, nicht einmal Sima, den Vater, dem er so sehr vertraute. Ein drängendes Suchen begann in dem Kinde, das ihn in Gedanken einspann. Er vermochte es nicht mehr, stundenlang auf dem Schiffe mit seinen Freunden zu spielen. Immerzu stand er am Steuer, neben dem schweigenden Führer, der ernsten, leuchtenden Auges übers Meer schaute dem Ziele zu.

So wie dieser auf das Ziel zuhielt, mit eisernem Gesicht, mit eiserner Willenskraft der Faust, mit aller Schärfe und Wachsamkeit des Gedankens, so hielt sich das Kind Simael nach jenem fernen, heißersehnten Ziele: „Gott der Herr!“ –

Die Landung an den prächtigen Inseln des Reiches war dann wieder Ablenkung und Unterhaltung, die unendliche Abwechslung bot. Simael fiel es auf, daß jene Stämme der anderen Länder anders geartet, ja, manchmal sogar von fremdem Aussehen waren.

Leicht, zart, licht und warm war es in allen Ländern, die Simaels Fuß betrat. Auch die Sterne waren dieselben, die des Nachts leuchteten, aber die Natur war zuweilen andrer Art, meist herber, einfacher, nicht so üppig und schön. Seine Heimat schien das schönste Land der Welt zu sein.

„Simael, Du würdest staunen, könntest Du die Fülle der Gestirne und Sonnen und Welten sehen, die des Herrn Wille geschaffen!“ so sprach der König zu ihm. „ Ein Kleines nur ist dieses Reich, das uns Gott zu Lehen gegeben.“

Simael staunte:

„Wie ist Gott doch so reich und mächtig, Vater, und wie sind die Könige des Weltreiches so klein!“

„Weißt Du, Simael, von der Gröle Gottes?“

„Nein, Vater, denn allein von Euren Liedern. Was ich weiß, das brennt schmerzhaft in mir wie ein Feuer und hat keine Worte.“

„Simael, mein Sohn, Deine Stunde wird kommen. Da wird das Feuer in Dir reden und Du wirst im Gotterkennen selig sein!“

Noch ernster, schmaler, reifer war das Angesicht des Knaben von der Stunde an. Der Vater hatte ihm den ersten Fingerzeig gegeben. –


Simael liebte das Schöne. Es gab eigentlich nur Schönes auf der Welt. Er freute sich und sah und staunte und fühlte in allem das große Wirken der Kraft des Lebens. Er wußte von allen Wesen, die das Sein belebten, er fühlte ihr Wirken als Selbstverständlichkeit, und fühlte es im Dank. Aber er sah sie nicht. Sein Auge war zu dieser Zeit nur Stofflichem geöffnet.

Auf den wundervollen Blumeninseln der Königin Kirlioje fühlte er sich wie neu beschwingt. Dort. wob. die Schönheit und die anmutige Kraft „Bewegung“ ihre wundersamen Formen. Frauen von großem Liebreiz verschönten den Hofstaat der Königin. Alle Ritter und Großen des Sternes Atlanta verehrten die Schönheit und Tugend der Frauen wie eine Gottesgabe.

Sie huldigten ihr auf den Blumeninseln und brachten auf ihnen lange Zeitspannen in Ausübung von edlen Künsten und ruhmvollen Festen zu. Die vielgestaltigen Blumen, Tiere und Früchte, die wunderbaren, leichten, kunstreichen Bauten empfand Simael wie die Bilder aus einem Traum.

Die Farben waren von berauschender Leuchtkraft, die Düfte von einer süßen Reinheit. Licht und trillernd waren die Stimmen der Vögel, frisch und sprudelnd die Quellen, die die Wunder der Blumenwelt erquickten. Der Reichtum der Schönheit, die Fülle und Steigerung der Formenpracht war berückend für des Kindes stark erlebendes Gemüt.

„Gott hat dies alles geschaffen aus der Kraft seines Lebens.“ Und wieder ruhte all sein Erleben in dem einen Namen: „Gott!“ –

Is-ma-el erlebte die Sendung in den Stoff als Knabe Simael, im Geiste. Was er in der reichen, überschäumenden und doch so heilig zart und reinen Stofflichkeit des Weltenteiles Smyrna erhielt, das brachte ihm in einem Augenblick Entwickelungsmöglichkeit und Reife von größtem Ausmaße.

Durch die Reinheit dieses paradiesischen Weltenteiles konnte sein Geist sich verankern für die Stofflichkeit, sonst hätte er nie Fuß zu fassen vermocht, sonst hätte er nie den Weg für Parzival bereiten können.

Es war zu dieser Zeit um ihn eine lichte, leuchtende Frau, groß, weiß, mit einem feinen, strengen, mütterlichen Gesicht und großen, gütigen Augen. Auf ihrer Stirne strahlte ein Stern. Licht war der Schleier und alabasterweiß, der Haupt und Gestalt umhüllt.

Es war die Zeit gekommen, da des Knaben Simael Geist leise erwachte, und es nahte sich auf den Strahlenströmen der Mutter Theiresia, um ihn zu führen in seinen ersten, zaghaften Schritten, in der Erinnerung an seine ewige Heimat.

Unendlicher Seelenfriede neigte sich dem Knaben zu, der hoch und rank und kraftvoll aufgewachsen war unter der weisen Leitung der Lehrer und des edlen Vaters.

Die hüllenden Schleier der Vergessenheit, die wesenhaftes Weben um ihn spannen, öffneten sich leise da und dort Mit dem großen Eindruck stofflicher Kraft und Muterlebnisse zeigte sich das Licht des Geistes, verheißend, erweckend, erhellend.

Auf Sehnsucht und Leid, auf Hunger und Schmerz der erwachenden Reife folgte überftrömende Kraft und Freude an der Fülle jugendlicher Erleben. Es begann die Zeit, da des sehnsuchtsvoll sinnenden Knaben Wunsch sich nach Betätigung und Messen seiner Kräfte sehnte. Er bestieg die springenden, weißen Tiere, die kräftigen Fohlen ähnlich, mit langen Schweifen und langen Mähnen, die schönen Matten bevölkerten.

Ihn freute es, sie sich zu zähmen, wie es die edlen Reiter taten, die zu des Vaters Ehren schöne Festspiele und Kämpfe unternahmen, die Geschicktesten wurden seine Leiter. In der Übung von Geschicklichkeit und Mutkünsten maß er sich, er warf die Waffe durch die pfeifenden Lüfte und traf damit manch schnellen Vogel im Flug. Er sprang um die Wette mit seinen Kameraden, kämpfte mit Kraft und Gewandtheit und war oft Sieger.

Sitte lehrten die Ritter den Jünglingen, Weisheit die Priester, die hohen Künste aber die Sänger, den Dienst an der Schönheit in allem die Frauen durch Anmut und Reinheit ihres Wesens.

„So wird Dich die Welt lehren, was Du der Welt schuldest, Simael,“ sagte der Vater, „auf daß Du ein weiser, gerechter und mächtiger König werdest.“

In des Jünglings Brust aber schwoll eine große Innigkeit Ein Wissen glomm in seinem Geiste auf:

„Es ist nicht um das Königtum der Atlante, daß Du lernst, Simael, es ist, um ein wahrer Knecht Gottes zu werden!“

Und in seinem Geiste läuteten die Glocken des Heiligen Grales schwingend Erinnerung an Parzival. –


Es war eine Zeit vergangen und aus dem Jüngling Simael war der König der Atlante geworden.

Rauschend und brausend wie die ewigen Meere des Landes war die Zeit dahingezogen, ewig wechselnd und dennoch ewig gleich im heiligen Rhythmus des gewaltigen Schöpferwillens.

Aus dem lebefreudigen, kraft- und jugendfrohen Jüngling war der vollendete König, der weise Priester, der Führer und Herrscher Simael geworden, dessen Macht und Ansehen nicht nur bis zu den Grenzen seiner zauberhaften Inseln reichten, die sich vielmehr weithin erstreckten über die Meere und alle Könige der anderen Reiche unter seiner weisen führenden Liebe vereinten.

Die Gotteskraft hatte sich führend und schützend über den Herrscher ergossen, und in ihr stehend, gelenkt von ihren weisen allzeit gerechten Gesetzen, war Simael zu dem geworden, was sein Land in ihm ehrte. Er hatte alle Gaben des Höchsten voll genützt und weise verwendet, richtig verteilt die Arbeit und den Gewinn aus ihr unter den hochanstrebenden Geschlechtern, die sich in den Landen ausbreiteten.

Simael war wohl der Tätigste unter des Reiches Männern, er ruhte nicht. Sein flammender Geist trieb in ihm, die Gaben Gottes, seines Herrn zu nützen zu jeder Zeit, und zu wirken in dem lebendigen Strome, den er dauernd fühlte.

Eine dauernd sich steigernde Erneuerung dieser Kraft war es, in der er stand, so lange er sich erinnerte, daß er zu dem Bewußtwerden erwacht war.

Die schöne, goldhaarige Frau, die in den lichten Gärten des Paradieses weilte und einst den Erdenleib Theiresias zu seiner Inkarnierung bereitet und geführt hatte, war viel in seiner Nähe. Sie lehrte den Sohn, die Gesetze Gottes erlauschen, sie lehrte ihn erkennen, wer jener war, dessen leuchtend lichte Flammenaugen über ihm standen, dessen blendend weiße Stirn umhüllt von dem Lichtflügelpaar der Heiligen Taube war, und der sprach:

„Simael, ich bin Dir nah; denn Dein Wandel in den Schöpfungen ist die Vorbereitung zu meiner Mission im Stoffe!“

Und Simael erfuhr und verstand, daß jener lichte Geist der Heilige Geist Gottes war.

Was Simael in der Geburt in die Zeit vergessen hatte, war aufbewahrt in dem Wissen seines Geistes. Und mit diesem Wissen ausgerüstet, ging der Geist die Bahn, welche der stoffliche Leib mitzugehen gewillt war.

Stark war die Führung dieses Geistes, der das heilige Gesetz, den Geist der Wahrheit, über sich fühlte gleich einer ewig erleuchtenden Flamme. Was sein reiches, erweitertes Begreifen noch nicht aufgenommen hatte, das nahte Simael durch weise, gesetzmäßige Fügung. Und er wurde immer dahin gestellt, wo er erfüllend lernen mußte.

Rein und für alle Erschaffenen ohne Makel und Trübnis war das Dasein in dem lichten, der Sünde unbekannten Weltenteile auf dem leichten strahlenden Sternenkörper Atlanta.

Wie ein rosig schimmerndes, von kühlen Silberlichtern durchflutetes Strahlungsgefüge erschien nicht nur dieser Himmelskörper, sondern all die wundervollen Sternenkörper, die in dem Untertauchen der großen Sonne das Himmelsgewölbe durchglühten und aus unermessenen Weiten strahlten, als käme das Licht Gottes durch starke Prismen, die da kristallen und rein in den sieben Himmeln schwammen.


Was soll Dir gekündet werden, Menschenkind, von Licht und Luft und der Dichte dieser Reiche? Alles ist! Ist aber anders in dem großen geheiligten Werden und Vergehen, als es sich Menschenverstand jetziger Zeit in der Dichte zu Ephesus vorstellen kann. Willst Du weiterschreiten durch jene geheiligten Urgefüge irdischen Werdens, durch jene höheren Sphären der feinen Stofflichkeiten, dann muß Dein Empfangen sein wie eine leise, zarte Lichtsträhne, die in den Sphären sich gesetzgewollt die gleiche, wenn auch höher geartete Schwingung sucht.

So muß Dein ganzes Lauschen sein, Menschenkind, das jenes Geistes eingefangene Wortschätze aufnehmen darf im Willen Gottes. So muß der sein, der sie empfängt und der sie liest!

Geheimnisvoll wird dem im Stoff so dicht Umhüllten das Urweben sein und bleiben immerdar, und er wird es nie mit der Unbeweglichkeit seiner derzeitigen Gehirnmasse in aller Wahrheit begreifen! Aber das neue Menschengeschlecht, das der Herr für die große Weltenwende vorbereitet, wird sich öffnen und lernend weiterschreiten, der heiligen Weisheit wieder näher kommend, die ihm zu Anfang seines Wandels beschieden war.


Worte der Ewigkeit haben die wundersam strahlenden Hüllen geformt, die sich in diesen feinen Sphären bildeten, Worte der Ewigkeit hatten die Welten begründet, die in brausenden Strahlenströmen ihre ewig singenden Kreise ziehen, perlmutterschimmernd um die Sterne und Sonnen, gleich Atlanta.

Erste Heimat im Schöpfungsteile Smyrna, dem Geiste Is-ma-el gegeben, zur Erfüllung seiner Mission! Wie warst Du schön. Rein, beweglich, leicht und licht und frei von Trübnis. So vermochte alle Kraft einzuströmen ungehemmt und die Zeit seiner Reife sollte Simael auch die Erkenntnis bringen.

Noch gab es kein Leid!

Alles, das geschah, stand in dem Sein, in dem Gesetz. Was die Pflanze tat, das tat Mensch und Tier: lebendig nützen das Gefetzgegebene!

Eine Strahlungserfüllung war alles Leben, alles formannehmende Verdichten, und selbstverständlich rein und klar war das Erstehen, Reifen und Vergehen in ewiger Freude und Dankbarkeit, ohne Schmerz.

Was einst das Kind Simael mit Sehnen füllte, einem Sehnen, das dennoch fern vom Schmerz der Trübnis war, es wandelte sich im Jüngling zu starker Kraftentfaltung, im königlichen Herrscher zur sieghaften Stärke des Mannes.

Es reifte aus dem sehnenden Ahnen das Wissen von Gott und der Geist öffnete sich vollbewußt dem Born des Lebens, der von oben kam. Wie Simael, der längst des weisen Vaters königliche Hülle dem Stoff zurückgegeben hatte, im Dasein stand, so war er frei. Und ebenso frei von allem, das die Stofflichkeit an Bindung brachte, war jeder Mensch zu Smyrna. Darin waren sie alle gleich und darum waren sie auch glücklich.

Sie fanden sich im Fügen des Schicksalswebens, wanderten eine Zeit miteinander, indem sie zuvörderst bedacht waren, einander zu lieben. Unverbiegbar war das Gesetz der Liebe für sie, denn es floß rein in sie, durch sie. Darum gab es keine Übertreibung und keine Schwäche.

Jeder liebte den andern so, wie er sich liebte, nämlich klar, streng und sachlich, um das Leben zu erfüllen. In diesem Gesetz taten sie, was das Leben im Dienst für den Nächsten erfordert, und es fügte keiner dem anderen Leid zu. Darum gab es nicht Leid.

Wie die Pflanzen und Tiere, so taten auch die Menschen. Der natürliche Kampf des Lebens war nicht Leid, sondern Erfüllung, war Geben und Nehmen, Wandel und Umformung in dem kraftsrömenden Gesetz Entwicklung.

Wie es der Heilige Geist schäumend in das Werden gab, so strömte es wieder schäumend empor in seinen Ursprung im anbetenden Danke zu des Schöpfers Liebe.

So gedieh alle Liebe, alle Schönheit, und ward zu reicher Fülle! Wundersam klingende Welten waren es zu Smyrna, die so harmonisch in dem Willen des Schöpfers schwangen, wundersam helle leuchtende Töne wie von gläsernen Glocken läuteten durch die Weiten von Stern zu Stern. Simael liebte nicht nur die Gründe, auf denen sein Reich stand, alle Natur, alles Weben der Lüfte und Düfte, alles Glühen der Lichter faßte er zusammen in die große Alliebe, die immer stärker in ihm pulste von Jahr zu Jahr.

Wenn die Kreise mächtiger Gestirne sich immer wieder zum Anfang rundeten, dann sah Simael, der in der kosmischen Weisheit sich übte, eines Jahres Ende gekommen, und er schrieb sich die Stellung seiner ihm bekannten Sterne auf eine Tafel.

Er verband sie jeweils mit Strichen, von Bild zu Bild, und daraus entstand eine fortlaufende Himmelszeichnung für ein ganzes Jahr.

Durch die Striche und Zeichen aber, die sich ihm wie heimliche Offenbarungen unter den Händen fügten, empfing er viele geheime, kraftvolle Bilder, die auszustrahlen schienen, wie die Gestirne Art und Einfluß zu charakterisieren vermochten.

Simael stand an dem Tor zur Weisheit. Er ließ große Bauten errichten, um die Messungen der Strahlen und Schatten vorzunehmen, er beobachtete durch tüchtige Helfer alle seine großen Schöpfungen, die er zum Wissen von der Natur gegründet hatte.

Die weiten Gärten, welche seine Inseln immer mehr verschönten, waren erfüllt von aller Auserlesenheit des Sternes Atlanta. Die Blumen und Samen, die dort gewonnen waren, trugen die reichsten Wunderkräfte in sich. Glühend gaben sie das Licht des Tages in den hellen Nächten wieder und sandten ihre weiche, duftende Ausstrahlung empor, reinem Empfangen zu. Sie nahmen auf aus wesenhafter Kraft, um neu und reich zu strahlen an dem neuen Tag.

Wie in einem Erinnern an ein Gebot aus ferner, lang verstrichner Zeit klang in Simaels Geist die Stimme des Herrn. Wie sie erklang, so gab er diesem leisen, aber unüberhörbaren Mahnen nach, das ewig voll Liebe und Stete die Wahrheit wollte.

War es nicht, als fragte es immer:

„Gedenke des Schwertes der Gerechtigkeit!“

Reinheit, Liebe und Wahrheit bauten um Simael das Reich im Stoffe, das er aus des Herrn Gnade der Welt übermitteln durfte. Sie sandten in seine Reiche die Geister nieder, die dereinst wiederkehren sollten in selbstgewähltem Wunsche.

Eine starke Verbindung fühlte Simael mit allen Geistern, die zu Servantes in dem heiligen Tempel seines Gottes von seiner Hand geweiht wurden:

„Ich taufe Dich mit dem Wasser, der aber nach mir kommt, der tauft Dich mit dem Feuer Gottes!“

Eine weite runde Halle, umgeben von hohen unzählbaren Säulengängen, barg in ihrer Mitte die Schale, darein der Täufling tauchte.

„Ich taufe Dich zur Wiedergeburt in die Schöpfung, nach Deinem Willen!“ sprach Simael, wenn er dem Getauften den Segen gab.

Es waren niemals Kinder unter den Gesegneten. Immer waren es reife, vollbewußte Menschen, männlich und weiblich. Aber während sie vor der Taufe ein Leben der jugendlichen Ungebundenheit führen konnten, wurden sie ,durch den Segen in den Pflichtenkreis des bewußten Gottesdieners einbezogen und mußten sich selbst in dem Dienste Gottes aufgeben.

Zu hoher Blüte wuchsen sie empor, zu reiner leuchtender Menschheitswürde. Sie waren alle Priester, Männer wie Frauen.

Sie lebten in Anbetung durch die Tat. Sei es nun, daß ihr Dienst dem Tempel Gottes oder irgend einer irdischen Aufgabe galt Sei es, daß es hoher und höchster geistiger Dienst oder hoher stofflicher Dienst war. Jeder kleine stoffliche Dienst wurde mit gleicher Andacht getan. Der Gottesdienst war Lebensatem zu Smyrna.

Die vielen Abstufungen der Dienstbarkeit bildeten Kasten, die ganz für sich lebten und dennoch im ergänzenden Nebeneinander ein wundervolles Ganzes bildeten, in geistiger und stofflicher Harmonie und Reife.

Zu Simael, dem König, blickten sie alle liebend auf. Sie ließen sich von ihm leiten mit bewußter Treue und Hingabe Es kamen keine Spaltungen, keine Mißverständnisse und keine Reibungen vor. Sie dienten in Liebe gemeinsamem Ziel.

Ein ewiges Ringen und Schaffen nach Vollendung war dieses Ziel. Es war, als strebten sie nur in dem Gedanken an das Licht zu ihm zurück. Empor! Empor!

Wie ein goldener Schrein, angefüllt mit leuchtendstem Edelgestein, erstrahlte Smyrna in der Schöpfung. Alle Geschöpfe seiner Ebene waren von reiner Zartheit, Leichtigkeit und Größe.

Es gab der wunderbaren Formen unsagbar viele, sei es in Tier-, in Pflanzen-, in Mineralreichen. Die Minerale! Welch anderes Wort sollte gebraucht werden, das den Begriff dieser kristallisierenden Strahlungskräfte sammeln könnte? Es gibt nichts märchenhaft Schöneres denn die glasig durchsichtigen Gebirgsgruppen, die aus dem Entwickeln des Kosmos heraus Wunderkräfte zu kristallisieren verstanden.

Es gibt nichts Herrlicheres als die zauberhaften Wasserbrunnen, die in hohen Strahlen ihre heißen, mineralischen Substanzen weit über die flachen, mit seinen Kräutern und hohen Farnenarten besäeten Fluren streuen.

Welch zauberhaften Anblick bieten die kristallisierten Gewächse im Monden- und Sonnenlicht, wenn die rosigen Strahlen der aufsteigenden Riesensonne die silbernen Dünste der hellen Nächte zerteilen.

So wunderbare Farbenspiele hauchen die vielfältig ausstrahlenden Sternenkörper über diese Flächen, daß sie wie märchenhafte Feen- und Elfenbauten erscheinen.

Menschengeist, der Du all des Wissens über Gottes Schöpfung Dich freuen sollst, sei Dir bewußt, daß Dein derzeitiger Zustand der Aufnahme nur zum Teil fähig ist, die Form und Art anderer, Dir wesensähnlicher Schöpfungsteile zu erfassen!

Auch jene, das Wefenhafte wirkenden Helfer sind der Art dieser Stofflichkeit entsprechend und damit völlig anders als die, welche Ephesus mit ihrer Hilfe füllen. Noch mehr aber arbeiten sie ineinander mit dem Menschengeiste, der in zarterer Hülle wohnt; denn keine Hemmungen bereitet dieser den Helfern.

Ein Gottbejahen ist die ganze kristallklare, rosigsilberne Schöpfung des lichten Weltenteiles Smyrna. –


Menschengeist, Du wirst emporgeführt in die Leichtigkeit und strahlende Reinheit jener Welt, da die Liebe des Herrn seinem Auserwählten die erste Stätte zur Reife bereitete. Mitten hinein in jenes Singen und Klingen der Sphären, die erfüllt waren von den Kosmosstrahlen überirdisch schöner, reiner Gestirne.

Hochgehoben in Verfeinerung sind alle Arten des Stoffes, zart, durchsichtig, leuchtend, und so durchlässig für die stärkeren, reineren Strahlen, daß sie wie große Siebe wirken, durch welche all das Licht von oben fließt.

Daher die große Beweglichkeit, die Fähigkeit der Aufnahme und der Anpassung eines jeden Empfindens, sofortige Ausführung und ein Sicheinfügen ineinander, das nur durch Reinheit, Freiheit von niederem Schwingen und die große Liebe möglich ist!

Alles, das der Menschengeist jetzt noch bei Namen nennt, ist ja entstellt, verbogen und beschwert; oben aber, in den lichteren Weltenteilen des Herrn, die gehalten, was sie hatten von Anbeginn, da ist es anders.

Wie die Körper der Stofflichkeit leicht durchlässig und schmiegsam geblieben sind, so sind es auch die Geister, die im ewigen Dienen lebend nur den Willen des Herrn leben als oberstes Gesetz. Das ist Seligkeit! Das ist die Wonne des stofflichen Paradieses! Die Reinheit selbst hat ihre Hände segnend ausgebreitet über der Frau der Nachschöpfung, die dort die Geschlechter geboren.

Simael selbst blieb unvermählt, aber seine obersten Diener hatten Frauen und Kinder und ihre eigenen, selbsterworbenen Heimstätten. Sie lagen alle im Halbkreise hinter den hohen Tempelgärten zu Servantes, und ihnen schlossen sich, immer im Halbkreis dem Aufgang der Sonne zugekehrt, die weiteren Heimstätten aller Kasten an, die zu Servantes wohnten.

Sie war ja die Stadt und Insel des Königs, und ferner in der Weite bauten sich die Stätten der Arbeit und der Künste auf, der Handfertigkeiten und der ausübenden Schulen.

Wieder war dieses kleine Inselreich geordnet wie ein Sonnensystem, um dessen ewig nährende, spendende Mutter sich lichte Gestirne im Rhythmus des Gesetzes bauen. Lebendig blieb das Schaffen, Wandeln und Erfüllen in diesen Kreisen der Arbeit, des Fleißes; des Aufbaues.

Überall strahlte Freude, Friede und Erfolg, überall strömte der Segen Gottes sichtbar. Und Simael war da und dort mit seinen Getreuen, die ihm dienten.

Von jeder Art des stofflichen Vermögens hatte er einen Wissenden zur Seite, aus dessen Kraft und Willensbewegung das jeweilige Arbeitsfeld beherrscht wurde.

Jeder schwang in seinem Dienen rein und einsam; denn keiner war, der ihm an Weisheit, Willen und Kraft in seiner Eigenart gleich gekommen wäre. Er aber durfte sich unter der Schar seiner gleichschwingenden, in Gleichart Begabten den zum Schüler wählen, den er bereiten mußte zu seiner Nachfolge.

Simael aber hielt alle Fäden in seiner Hand und sein klares, vom Heiligen Geist erhelltes Wissen übersah alles und durchdrang alles.

Wie ein großes Netz von starken Willensfäden war das gewaltige geistige Regierungsgefüge dieser reinen Inselgruppen in dem großen Reich des Atlante. Alles, was die Menschengeister zu Smyrna entwickeln und vollenden durften, empfingen sie aus dem Tempel, in dem die Templer des Königs um ihn geschart die Weisheit schöpfen durften.

Simael holte sie für die Menschen aus dem Urquell seines Geistes, aus Patmos, da er von dort aus Kunde erhielt durch hohe Gnade. Der Strom des Lebens labte ihn.

So arbeitete er an der Spitze seiner Diener im Willen Gottes. Er baute das Wissen von dem Aufbau eines Gottesreiches im Stoffe in die Menschengeister des Stammes Isma, die zu Servantes den Namen „die Simaeliter“ trugen. Sie wurden groß im Stoffe, wie sie groß waren im Geist. –

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Last modified: 2022/03/06 13:59 by Marek Ištvánek